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Einleitung
1. Einleitung Kleinflächig kommen auf der Ostalb auch Magerrasen auf
oberflächlich stark entkalktem, saurem Untergrund vor.
Diese gehölzarmen Heiden werden als trockene Heiden
Kulturhistorischer und naturschutzfachlicher Hinter- bezeichnet (Lebensraumtyp (LRT) 4030).
grund
Die Aufrechterhaltung der Schafbeweidung ist für die Pfle-
ge und den Erhalt dieser durch das Bundesnaturschutzge-
Die kulturhistorische Landschaft in Mitteleuropa wurde setz (BNatschG) und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie
durch die jahrhundertelange landwirtschaftliche Nutzung der EU (FFH-Richtlinie) geschützten Biotope die am besten
sowie die im 18. / 19. Jahrhundert einsetzende Industriali- geeignete Möglichkeit. Denn im Gegensatz zum Mulchen
sierung geprägt. Übernutzte Landnutzungsformen findet gehen mit der Schafbeweidung ein selektiver Verbiss, die
man heute in Grenzertragslagen. Fauna und Flora haben Öffnung der Grasnarbe und der Transport von Nährstoffen
sich im Laufe der Jahrhunderte an diese extensiven, heute und Pflanzensamen einher. In der Hochphase der Schafhal-
selten gewordenen Agrarbiotope angepasst. Konkurrenz- tung dürfte der Einfluss der zahlreichen Schäferinnen und
schwache Arten, welche sich auf diese Sonderstandorte spe- Schäfer, Hirtinnen und Hirten mit dem Einsatz ihrer Schip-
zialisiert haben, können sich bei Lebensraumveränderungen pe auf die Gehölzunterdrückung nicht zu unterschätzen
oft nur schwer gegenüber aufkommenden anderen (domi- gewesen sein (Infodienst Landwirtschaft BW 2016a).
nanten) Pflanzen oder Tieren durchsetzen. Zudem sind auf-
grund einer sowohl verbreiteten Nutzungsintensivierung als Heutzutage ist hierfür zusätzliche Unterstützung auf den
auch Nutzungsaufgabe intakte Lebensräume seltener vor- Heideflächen notwendig. Ein hohes Aufkommen von Ge-
zufinden. hölzen, welche bei zurückgehendem Schafbestand durch
Verbiss allein nicht ausreichend zurückgedrängt werden
Durch die jahrhundertelange, aus heutiger Sicht extensive können, wird - mitunter als Nachweidepflege - durch Mul-
Landnutzungsform der Schafbeweidung sind auf der chen oder Mähen mit dem Freischneider reduziert.
Schwäbischen Alb Wacholderheiden und artenreiche (Kalk-)
Magerrasen entstanden. Diese zeichnen sich durch extreme Anstoß für den Handlungsleitfaden
Bedingungen wie Trockenheit, Hanglage und teils felsig /
karstigen sowie nährstoffarmen und basenreichen Unter- Um die Beweidung und somit den Erhalt von Wacholder-
grund aus (siehe Abb. 1 + 2). Neben seltenen und auch für heiden und Magerrasen nachhaltig sicherzustellen, bedarf
Schafe schmackhaften Pflanzenarten wachsen auf diesen es einer umfassenden, weitreichenden Unterstützung der
Standorten auch von Schafen nicht gefressene Gräser, Schäfereibetriebe, die die Beweidung naturschutzfachlich
Kräuter und Gehölze. Dies trifft beispielsweise auf den hochwertiger Flächen durchführen. Eine Beweidung ist nur
gemeinen Wacholder (Juniperus communis) zu, welcher die durch eine langfristig angelegte und gut funktionierende
Heiden als „Weideunkraut“ namensgebend prägt. Schäferei möglich.
Abbildung 1: Historische Aufnahme einer Schafherde vom
01.05.1927 im LSG Großer Heuberg-Lochenstein Foto: H. Schwen- Abbildung 2: Schäfer mit Schafherde an Steilhang (Teckberg)
kel; Quelle: Archiv LUBW; Schwenkel-Archiv. Foto: Fabricius
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