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1. Einleitung
Das Mittlere Oberrhein-Tiefland umfasst die Oberrheinebene nördlich des Kaiserstuhls bis etwa zu den Städten Rastatt und Baden-Baden, sowie die östlich daran anschließenden Vorberge des Schwarzwaldes. Das gesamte Gebiet ist durch ein mit Jahresdurchschnittstemperaturen um die 9,5°C sehr warmes Klima geprägt, wobei die in Rheinnähe gelegenen Standorte Jahresniederschläge von 600 - 900 mm aufweisen, mit Annäherung an den Schwarzwald die Niederschläge jedoch auf 1100 mm ansteigen. Eine klare Gliederung in holozäne Aue und pleistozäne Niederterrasse fehlt. (BREUNIG 1995).
2. Naturräume und Standortverhältnisse
Die naturräumlichen Haupteinheiten des Mittleren Oberrhein-Tieflandes:
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die O f f e n b u r g e r R h e i n e b e n e [210] ist eine von feuchten Niederungen durchzogene und in zahlreiche Kiesrücken (Hurste) aufgelöste Niederterrasse. Verbreitet sind mittelschwere lehmige Böden. In dem Niederungsstreifen der Nebenflüsse wurden nach Trockenlegung Äcker und Wiesen angelegt. Nahe der Vorbergzone sind die Niederterrassenschotter mit Löß und Lößlehm überdeckt und intensiv ackerbaulich genutzt.
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Die südlich des Kinzig-Austritts in die Rheinebene gelegenen L a h r - E m m e n d i n g e r V o r b e r g e [211] bestehen aus zahlreichen lößüberdeckten Bruchschollen mit großflächigem intensivem Obst- und Weinbau.
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Die nördlich des Kinzig-Austritts in die Rheinebene gelegenen O r t e n a u – B ü h l e r V o r b e r g e [212] bestehen ebenfalls aus lößüberdeckten Bruchschollen. Auch hier ist intensiver Obst- und Weinbau vorherrschend.
(BREUNIG 1995 und INSTITUT FÜR LANDSCHAFTSPLANUNG UND ÖKOLOGIE DER UNIVERSITÄT STUTTGART 1996)
Bezüglich der Ackerwildkrautflora handelt es sich beim Mittleren Oberrhein-Tiefland um ein Entwicklungsgebiet.
3. Historische Landnutzung
Aufgrund des günstigen Klimas war das Mittlere Oberrhein-Tiefland seit der Jungsteinzeit kontinuierlich besiedelt.
Die Rheinaue selbst war bis ins 19. Jahrhundert hinein geprägt durch die periodischen Überflutungen. Hier wurden die Auwälder als Nieder- oder Mittelwälder genutzt, die meisten Dörfer waren Fischerdörfer. Vernässte Wiesen mit Pfeifengras und Seggen dienten nach Einführung der Stallhaltung zur Streugewinnung. Da in den großen Sumpfgebieten sich jedoch auch Malaria und Sumpffieber ausbreiten konnten, nahm Tulla im 19. Jahrhundert die erste große Rheinkorrektur vor. Ihr folgte der Ausbau des Rheins zur Wasserstraße im 20. Jahrhundert, was letztendlich zum völligen Zusammenbruch der Rheinauewaldungen aufgrund der starken Grundwasserabsenkung führte (SPÄTH UND REIF 2000).
4. Landnutzung heute/ Biotoptypen
Schon seit jeher wurde das Mittlere Oberrhein-Tiefland intensiv ackerbaulich genutzt und bis heute sind immer noch Umwandlungsbestrebungen von Grün- zu Ackerland zu verzeichnen. Aufgrund der guten Boden- und Klimaverhältnisse wird der Ackerbau sehr intensiv betrieben. Besonders in den Ebenen kann der Anteil an Intensivfrüchten (Mais, Zuckerrüben und Gemüse) über 80% an der Ackerfläche betragen. Trotz intensiver Meliorationsmaßnahmen gibt es jedoch immer noch Flächen, die zwar in landwirtschaftliche Nutzfläche überführt wurden, aber nicht gut nutzbar sind. Durch diese Flächen gibt es einen relativ hohen Stillegungsanteil von ca. 4,3% (1991).
In der Offenburger Rheinebene lässt sich ein Muster von Niederungen der Schwarzwaldflüsse mit dazwischenliegenden trockeneren Niederterrassenflächen feststellen. So kann das Grünland in diesem Bereich von Nord nach Süd leicht der Rench- und Acher-, der Kinzig-, der Schutter- und der Elzniederung zugeordnet werden. Immer sind aber Acker- und andere Nutzungen mit vertreten, so dass keine großflächige Grünlandniederungslandschaft auftritt. Die Vorbergzone hat nur geringe Grünlandvorkommen, die Schwarzwaldvorberge sind großflächig obstbaulich genutzt, mit einem besonderen Schwerpunkt in den Ortenau-Bühler Vorbergen. Hier sind auch die Streuobstbiotopanteile höher als im übrigen Gebiet.
Die Ebene des Mittleren Oberrhein-Tieflandes ist v.a. von Bedeutung für Biotoptypen brachliegender und extensiv genutzter Feuchtgebiete sowie großer Flussauen: zahlreich sind Auen- und Uferwälder sowie Gewässer, Nass-, Feucht- und Streuwiesen, Großseggenbestände und Röhrichte, Kies- und Schotterflächen.
Die Hügelländer sind dagegen v.a. durch Biotoptypen der Lößgebiete gekennzeichnet: Magerrasen kalkhaltiger Standorte, Äcker, Weinberge, Hecken und Gebüsche, Hohlweg und Lößwand.
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Offenburger Rheinebene |
Lahr-Emmendinger-Vorberge |
Ortenau-Bühler-Vorberge |
1 |
Röhrichte |
Hecken, Gebüsche |
Röhrichte |
2 |
Auen- und Uferwälder |
Magerrasen Kalk |
Hecken, Gebüsche |
3 |
Hecken, Gebüsche |
Brachen |
Nasswiese/ Feuchtwiese |
4 |
Großseggenbestände |
Hohlweg |
Brachen |
5 |
Gräben |
Wärmeliebende Wälder und Trockengebüsche |
Fettwiese |
Tab. 1: Die bei der Biotopkartierung 1981 – 1989 am häufigsten erfassten Biotoptypen im Mittleren Oberrhein-Tiefland (HÖLL UND BREUNIG 1995: 492 ).
5. Leitbild zur Landschaftsentwicklung
Rheinaue: Wiedervernässung; Überführung ackerbaulich genutzter Flächen in Grünland mit regelmäßiger, z.T. später Mahd oder Beweidungskonzepte; Vermeidung von Nährstoffeintrag in Grünland, Altarme und Fließgewässer; zur Förderung von Rohbodenpionieren. Einrichtung von „Schweinsweiden“ oder Schaffung offener Stellen in druckwassergespeisten Feuchtbereichen; Schaffung von periodisch überschwemmten Bereichen. Grünlandextensivierung auf Feuchtstandorten bzw. deren Umgebung (z.B. Acher-Rench-Niederung).
Auf Auensedimenten außerhalb des aktuellen Schwankungsbereichs des Grundwassers, die gute Ackerstandorte ohne Nutzungsbeschränkung darstellen, sind nutzungskonforme Maßnahmen für die Rückentwicklung einer artenreichen Ackerbegleitflora sinnvoll:
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Ackerrandstreifen
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Biologischer Landbau
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Extensive Ackernutzung
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Umstellung von Futtermais auf extensivere Ackerfutterarten
Allgemein:
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Erhalt der Magerrasen (v.a. Lahr-Emmendinger-Vorberge) durch Verhinderung von Nährstoffeintrag; nach Möglichkeit Schaffung von Beweidungskonzepten;
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Vermeidung von Nährstoffeinträgen in alle Fließgewässer;
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Erhalt von Lößwänden und Hohlwegen;
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Erhalt traditioneller Weinbergsbiotope; Extensivierung der Bewirtschaftung von Weinbergen, Herbizideinschränkungen verbunden mit mechanischer Bodenbearbeitung;
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Förderung wärmeliebender Säume und Gebüsche;
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Erhalt von Streuobstbeständen (v.a. in den Ortenau-Bühler-Vorbergen);
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Erhalt einer Vielfalt von Nutzungen.
6. Literatur
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HÖLL, N. UND BREUNIG, T. (Hrsg.) (1995): Biotopkartierung Baden-Württemberg. Ergebnisse der landesweiten Erhebungen 1081 – 1989. - Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.- Württ. 81: 1 – 544.
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BREUNIG, T. (1995): Die Biotoperhebungen in den naturräumlichen Großlandschaften Baden-Württembergs – Ergebnisse der Biotopkartierung 1981 – 1989. - Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.- Württ. 81: 490 - 493.
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INSTITUT FÜR LANDSCHAFTSPLANUNG UND ÖKOLOGIE DER UNIVERSITÄT STUTTGART (1996): Räumlich differenzierte Schutzprioritäten für den Arten und Biotopschutz in Baden-Württemberg – Zielartenkonzept. 1691 S.
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Südlicher Rhein/ Hochrhein. E307 – E354.
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LFL (Auftraggeber) 1994: Bestandsaufnahme zum aktuellen Entwicklungszustand der Ackerbegleitflora und ihre räumliche Differenzierung in Baden-Württemberg. Erstellung eines regionalen Bedarfs- und Maßnahmenkonzepts zu Erhalt, Entwicklung und Regeneration des gefährdeten Anteils der Ackerbegleitflora in Baden-Württemberg. 133 S. (unveröffentlicht)
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SPÄTH, V. UND REIF, A. (2000): Auenwälder am Oberrhein. 99 – 105. - In: Landeszentrale der Politischen Bildung in Baden-Württemberg (Hrsg.) (2000): Der Bürger im Staat. Der Rhein. 50, Heft 2.