Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht
Ziel und Inhalt
Aufgrund des anhaltenden Strukturwandels in der Landwirtschaft und der sich weiter verschärfenden agrarpolitischen Rahmenbedingungen ist immer häufiger zu beobachten, dass landwirtschaftliche Grundstücke nicht mehr bewirtschaftet und auch nicht durch einen jährlichen Grasschnitt gepflegt werden. Diese Situation spitzt sich durch eine wachsende Bevölkerungs- und Besiedlungsdichte sowie zunehmende Freizeit- und Erholungsbedürfnisse zu. Gleichzeitig ist jedoch eine Abnahme der freien Landschaft zu verzeichnen. Daher ist es erforderlich, einer unkontrollierten Verwahrlosung und Verwilderung der offenen Landschaft entgegenzuwirken. Dieser Fehlentwicklung soll durch die gesetzliche Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht im Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz (LLG) von Baden-Württemberg Einhalt geboten werden.
zu § 26 LLG - Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht
In § 26 LLG wird unmittelbar durch Gesetz eine Pflicht der
Betroffenen begründet, deren Erfüllung erforderlichenfalls durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzugs (Zwangsgeld oder
Ersatzvornahme) auf Kosten der Pflichtigen nach §§ 18 ff. Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz erzwungen
werden kann. Daneben kann ein Bußgeld wegen der Nichteinhaltung der Verpflichtungen verhängt werden (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 LLG).
Ein landwirtschaftlich nutzbares Grundstück, das bewirtschaftet wird, verwildert nicht. Wird es nicht mehr bewirtschaftet, muss es
durch Mähen oder Beweiden - außerhalb einer Bewirtschaftung - gepflegt werden, wodurch ebenfalls eine Verwilderung unterbunden
wird.
Die Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen müssen so beschaffen sein, dass die Nutzung benachbarter Grundstücke nicht
unzumutbar erschwert wird. Aus diesem Gebot zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht folgt,
dass beispielsweise ein Grundstück so rechtzeitig abgemäht werden muss, dass ein schädlicher Samenflug, der die Nutzung
benachbarter Grundstücke unzumutbar erschweren könnte, vermieden wird. Aus dem gleichen Grund kann auch mehrmaliges Abmähen
geboten sein.
zu § 27 LLG - Aussetzen und Erlöschen der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht
- zu Abs. 1
Die Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht ist kein enteignungsgleicher Eingriff im Sinne des Artikel 14 Grundgesetz. Die Beschränkung des Eigentums ist nur
geringfügig. Sie muss im Hinblick auf das übergeordnete Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung der Kultur- und
Erholungslandschaft als soziale Pflichtbindung des Eigentums in Kauf genommen werden.
Besitzer bzw. Besitzerinnen, die zugleich Eigentümer bzw. Eigentümerin der Grundstücke sind, haben einen Rechtsanspruch auf
Aussetzung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht (§ 27 Abs. 1 LLG), solange ihnen die
Bewirtschaftung (z. B. wegen Alters oder wegen großer Entfernung des Wohnorts) selbst nicht zugemutet werden kann.
Weitere Voraussetzung ist der Nachweis, dass es dem Bewirtschaftungsberechtigten trotz wiederholtem Versuch (mindestens zweimalige Anzeige
im Gemeindeblatt) nicht gelungen ist, das Grundstück einem Bewirtschaftungswilligen oder einer Verpächtergemeinschaft
möglichst langfristig zu einem ortsüblichen Pachtzins oder anderem Entgelt, notfalls auch kostenlos zu überlassen.
Dagegen wird nicht gefordert, dass der Bewirtschaftungsberechtigte einem Bewirtschaftungswilligen oder Pfleger ein Entgelt für die
Bewirtschaftung oder Pflege entrichten muss.
- zu Abs. 2
Während im Falle des § 27 Abs. 1 LLG der Bewirtschaftungswillige bzw. die
Verpächtergemeinschaft privatrechtlich zur Bewirtschaftung berechtigt ist, ist es bei der Aussetzung der Bewirtschaftungs- und
Pflegepflicht erforderlich, den begünstigten Eigentümer bzw. die Eigentümerin zur Duldung der Bewirtschaftung oder Pflege
durch die Gemeinde oder einen von ihr bestimmten Dritten zu verpflichten. Die Bewirtschaftungs- bzw. Pflegetätigkeit der Gemeinde oder
des von ihr Beauftragten wird in der Regel nur aus Sicherungsmaßnahmen von vorübergehender Dauer bestehen (z. B. jährliches
Abmähen). In der Regel wird jedoch die Gemeinde zusammen mit der unteren Landwirtschaftsbehörde (§ 29 Abs. 2 Satz 2 LLG) versuchen, einen
Bewirtschaftungswilligen zu finden, sofern es sich nicht um Flächen handelt, die zulässigerweise aufgeforstet oder dem
natürlichen Bewuchs überlassen werden können. Sobald diese Bemühungen Erfolg haben, wird die Aussetzung der
Verpflichtung zu widerrufen sein, weil eine ihrer Voraussetzungen, nämlich das Fehlen eines Bewirtschaftungswilligen, entfallen
ist.
Sofern sich der Bewirtschaftungsberechtigte nun weigert, der Verpächtergemeinschaft bzw. dem Bewirtschaftungswilligen das
Grundstück zu überlassen, aber selbst seiner Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht nicht nachkommt, begeht er eine
Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 2 LLG.
- zu Abs. 3
Verschiedentlich besteht kein öffentliches Interesse an einer Bewirtschaftung oder Pflege von landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücken. Die örtlichen Verhältnisse, insbesondere auch die Lage zu einem Schutzgebiet, können es zweckmäßig erscheinen lassen, Grundstücke dem natürlichen Bewuchs zu überlassen. Nach einer gründlichen Prüfung durch die in § 29a Abs. 3 LLG genannten Behörden kann dies dem Grundstückseigentümer bzw. der -eigentümerin nach pflichtgemäßem Ermessen gestattet werden. Mit der Gestattung erlischt die Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht. Die Gestattung darf nicht ausgesprochen werden, wenn ein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 LLG vorliegt.
Zuständigkeiten
Die Gemeinde
- überwacht die Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht,
- entscheidet über die Aussetzung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht im Benehmen mit der unteren Landwirtschaftsbehörde gemäß § 29a Abs. 2 LLG.
Die Untere Landwirtschaftsbehörde
- entscheidet über das Erlöschen der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht im Einvernehmen mit der Gemeinde, der unteren Forstbehörde und der unteren Naturschutzbehörde gemäß § 29a Abs. 3 LLG.
Bearbeitungsstand: 11/2025