Biotopvernetzung
Im Gesamtkonzept Naturschutz und Landschaftspflege von 1989 ist die Zielsetzung wie folgt formuliert: "Vor allem in Gebieten mit intensiver landwirtschaftlicher sowie verdichteter baulicher Nutzung fehlen oft naturnahe Biotope, sehr treffend mit dem Schlagwort der "ausgeräumten Landschaft" charakterisiert. Viele Tier- und Pflanzenarten benötigen aber eine störungsfreie räumliche Zuordnung miteinander verbundener, ausreichend großer Lebensräume. In der landwirtschaftlich genutzten Flur ist daher ein ausreichender Bestand von untereinander vernetzten naturnahen Lebensräumen zu erhalten und wo nötig neu zu schaffen.[...] Ein besonders geeignetes Instrument, um Biotopvernetzungen zu entwickeln, die erforderlichen Ausgleichsflächen bereitzustellen und Biotopvernetzung in der Landschaft umzusetzen und zu verwirklichen, ist die Flurbereinigung." (MINISTERIUM FÜR UMWELT BADEN-WÜRTTEMBERG 1989)
Biotopvernetzungskonzepte sind demnach in erster Linie in landbaulich begünstigten, intensiv genutzten Gebieten mit wenig naturnahen Strukturen erforderlich, während sich für waldreiche, grünlandgeprägte Grenzertragslandschaften der Mittelgebirge eher Mindestflurkonzepte empfehlen.
Ein Biotopvernetzungskonzept ersetzt keinen Landschaftsplan, da keine vertieften Aussagen zur Sicherung des Wasserhaushaltes, der Klimaschutzfunktionen und von land- und forstwirtschaftlichen Flächen getroffen werden.
§21 Abs. 6 Bundesnaturschutzgesetz führt aus: "Auf regionaler Ebene sind insbesondere in von der Landwirtschaft geprägten Landschaften zur Vernetzung von Biotopen erforderliche lineare und punktförmige Elemente, insbesondere Hecken und Feldraine sowie Trittsteinbiotope, zu erhalten und dort, wo sie nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, zu schaffen (Biotopvernetzung). "
Darüber hinaus trägt die Biotopvernetzung auf lokaler Ebene zu dem nach § 22 Landesnaturschutzgesetz geforderten Biotopverbund bei.
Trägerinnen der Biotopvernetzung sind die Gemeinden. Die Gemeinde vergibt den Auftrag zur Erstellung eines Biotopvernetzungskonzeptes für ihre Gemarkung(en) in der Regel an ein Planungsbüro. Ein Biotopvernetzungskonzept umfasst genau wie ein Mindestflurkonzept eine Zustandsbeschreibung und Maßnahmenempfehlungen, jeweils mit Karten- und Textteil. Im Durchschnitt kostete die Erstellung eines Biotopvernetzungskonzepts in den 90er Jahren umgerechnet etwa 11.000 Euro.
Sowohl die Erstellung des Biotopvernetzungskonzeptes als auch die Umsetzung von Biotop-Vernetzungsmaßnahmen kann nach der Landschaftspflegerichtlinie gefördert werden. Die Anerkennung des Biotopvernetzungskonzeptes durch die Untere Verwaltungsbehörde (Landratsamt) ist Voraussetzung für die Förderung nach der Landschaftspflegerichtlinie. Die Beteiligung bzw. der Einsatz von Flächen für Biotopvernetzungsmaßnahmen durch private GrundbesitzerInnen und BewirtschafterInnen ist freiwillig und wird über die Landschaftspflegerichtlinie gefördert bzw. entschädigt.
Die ersten Biotopvernetzungskonzepte wurden 1983 in den Kommunen gefördert, nachdem das Land bereits 1980 begonnen hatte, Biotopvernetzungsmaßnahmen auf den drei landeseigenen Domänen Hohrainhof, Maßhalderbuch und Rottenburg modellhaft umzusetzen. Im Jahr 1989 gab es in 112 Gemeinden, 1997 in 356 Gemeinden und 1999 in 470 der über 1.000 Gemeinden Baden-Württembergs Biotopvernetzungskonzepte. Das Land unterstützte die Biotopvernetzungskonzepte (Erstellung, Maßnahmen der Biotopgestaltung und Grunderwerb) in den Jahren 1984-1998 mit umgerechnet rund 17 Mio. Euro. Die Biotopvernetzungskonzepte decken heute (2008) eine Fläche von knapp einer halben Million Hektar und damit ca. 30% der landwirtschaftlichen Nutzfläche ab. Innerhalb eines Biotopvernetzungsgebiets wird ca. 1% der landwirtschaftlichen Nutzfläche von Biotopvernetzungsmaßnahmen erfasst.
Seit Ende der 90er Jahre sind nur noch wenige Biotopvernetzungskonzeptionen neu erstellt oder überarbeitet worden, die Umsetzung geht allerdings weiter: Im Jahr 2005 gab es im Rahmen der Biotopvernetzung etwa 2.600 LPR-Verträge mit LandwirtInnen auf rund 6.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche (LANDTAG 2006). Häufige Biotopvernetzungsmaßnahmen sind die Bewirtschaftungs-Extensivierung von Acker- oder Grünland oder die Anlage von linienhaften Strukturen (Hecken, Krautsäume etc.).
Fachplan landesweiter Biotopverbund
Im Juli 2014 veröffentlichte die LUBW (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg) den Fachplan Landesweiter Biotopverbund. Er dient als landesweite Planungsgrundlage zum Biotopverbund der Offenlandlebensräume.
Auszug aus dem Fachplan Landesweiter Biotopverbund:
Der Fachplan landesweiter Biotopverbund ist Planungsgrundlage für alle raumplanerischen Belange in Baden-Württemberg und damit
auch für eine Biotopvernetzungskonzeption. Kernflächen und Kernräume stellen das Grundgerüst eines Biotopverbunds im
Offenland dar. Geeignete Flächen und Maßnahmen können in den Suchraumkulissen identifiziert werden und werden so zum
Bestandteil einer Biotopvernetzungskonzeption. Die Einbindung des Fachplans landesweiter Biotopverbund in die Biotopvernetzungskonzeption
gewährleistet die Berücksichtigung überregionaler und internationaler Verbundachsen. Die Biotopvernetzung setzt mit einem
eher kleinräumigen Ansatz im landwirtschaftlichen Umfeld den Biotopverbund auf der lokalen Ebene um (Krebs 2006) und trägt damit
zum Gesamtgelingen eines Biotopverbundes bei. Gerade in ihrem Rahmen ist es nach bisherigen Erfahrungen unerlässlich, verstärkt
auf Offenlandbiotope an Stelle vielfach realisierter Gehölzpflanzungen zu setzen.
Naturschutzstrategie Baden-Württemberg
In der Naturschutzstrategie Baden-Württemberg werden die Maßnahmen und Ziele formuliert, die das Land Baden-Württemberg ergreift, um über einen funktionierenden Biotopverbund die biologische Vielfalt zu erhalten.
Biotopverbund (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg)
Weiterführende Informationen zur Biotopvernetzung:
Literatur
- JEDICKE, E. (1994): Biotopverbund - Grundlagen und Maßnahmen einer Naturschutzstrategie. Ulmer, Stuttgart.
- KAULE, G. et. al. (1994): Biotopvernetzungskonzeption Herbrechtingen. in: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Landschaftsplanung, umsetzungsorientiert! - Schriftenreihe Angewandte Landschaftsökologie Heft 2. S. 62-73
- KREBS, S. (2006): Biotopvernetzung in Kooperation mit der Landwirtschaft. – In: Landinfo 7/2006: 9-11.
- KREBS, S. (1992): Ansaat autochthoner Wildkräuter zur Biotopvernetzung in intensiv genutzten Agrarlandschaften. - Diss. Inst. f. Landschafts- und Pflanzenökologie der Univ. Hohenheim
- KREBS, S. (1990): Gras- und Krautsäume: Bedeutung - Pflege - Neuanlage. 63 S.
- LANDTAG VON BADEN-WÜRTTEMBERG (2006): Naturschutzleitlinien fortschreiben. Antrag der Grünen und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum, S. 3-4 in Drucksache 14/568 vom 16.11.2006
- LANGER, H. et al. (1990): Beiträge zu einem agrarökologischen Flurkonzept - Studie im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Baden-Württemberg. 96 S.
- MIESS, B. (1987): Biotopvernetzung in der Flur. 95 S.
- MINISTERIUM FÜR UMWELT BADEN-WÜRTTEMBERG (1989): Biotopvernetzung. In: Gesamtkonzept Naturschutz und Landschaftspflege. S. 45
- MÜSSLER, R. (2006, unveröff.): Mindestinhalte einer Konzeption zur Biotopvernetzung. 2 S. (Zugang nur über Intranet)
- REIDL, K. u. DEUSCHLE, J. (2004 b, unveröff.): Begleitforschung zum ökologischen Domänenkonzept und zur Biotopvernetzung. - Wiederholungskartierungen 2004 im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum Baden-Württemberg.- Unveröffentlichter Forschungsbericht.
- REIDL, K. u. DEUSCHLE, J. (2004 a, unveröff.): Begleitforschung zum ökologischen Domänenkonzept und zur Biotopvernetzung. - Wiederholungskartierungen 2003 im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum Baden-Württemberg.- Unveröffentlichter Forschungsbericht. 85 S.
- REIDL, K. et. al. (2001, unveröff.): Begleitforschung zum ökologischen Domänenkonzept und zur Biotopvernetzung. - Wiederholungskartierungen und Umsetzung von Maßnahmen im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum Baden-Württemberg.- Unveröffentlichter Forschungsbericht. 115 S.
- REIDL, K. et. al. (1998, unveröff.): Begleitforschung zum ökologischen Domänenkonzept und zur Biotopvernetzung. - Studie im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum Baden-Württemberg.- Unveröffentlichter Abschlussbericht. 362 S.
Links
- Literatur zum Biotopverbund (Bezug über die LUBW)
- Biotopverbund (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft BW)
- Fachplan Landesweiter Biotopverbund - Eine Arbeitshilfe des MLR und der LUBW
- Informationssystem Zielartenkonzept - Ein Angebot der LUBW zur Unterstützung des kommunalen Planungsbeitrags zum Arten- und Biotopschutz
- Naturschutzstrategie Baden-Württemberg
- Biotopverbundplanung Stuttgart-Zazenhausen